(7) Bürgerbrunnen in der Dreikönigsgasse
Im Jahr des Herrn 1794 haben die heiligen drei Könige in Balve Station gemacht, und zwar im Haus drei Könige. Nein, nicht persönlich, aber ihre Reliquien, die im Dom zu Köln verehrt werden. Sie wurden vor dem Ansturm der Franzosen im Kloster Wedinghausen bei Arnsberg in Sicherheit gebracht (Arnsberg war und ist heute noch Teil des kurkölnischen Sauerlandes). Auf diesem Weg passierten die Reliquien Balve.
Der nachfolgende Bericht eines Nachfahren des Eigentümers stammt aus dem „Balver Buch“ von 1930 (p. 243 ff).
Ein seltsames, doch geschichtlich
beglaubigtes Ereignis, nacherzählt
von Forstmeister Engelbert Glasmacher
Im fünften Jahre der großen französischen Revolution hatten sich Österreich, Preußen und Sardinien zum Kriege gegen Frankreich zusammengeschlossen. Nach anfänglichen Siegen dieser »großen Koalition« neigte sich jedoch bald der Erfolg auf die Seite Frankreichs, das dann umso weiter und schneller gegen den Rhein vorrückte, als ein Teil der deutschen Bevölkerung – von neuen Freiheitsdrang berauscht – den französischen Siegern sehr entgegen kam.
Am 30. September 1794, einige Tage vor dem Einmarsch der Franzosen in Köln, nahm das Domkapitel darauf Bedacht, die Schätze des Domes in Sicherheit zu bringen. Man beschloss, den Reliquienschrein mit den Heiligen Drei Königen nach Wedinghausen (= Kloster bei Arnsberg) zu schaffen, wohin auch das Domkapitel flüchtete. Über den Transport wird folgendes erzählt: Der Allendorfer Fuhrherr Simons vermittelte einen lebhaften Handelsverkehr zwischen dem Sauerlande und den rheinischen Städten. Einst, als sein Knecht wieder mit sechs oder sieben Wagen in Köln war, wurde derselbe von einem unbekannten Herren aus der Wirtschaft gerufen und gebeten, nachts um 2:00 Uhr zu einem wichtigen Transporte an der Schiffsbrücke mit zwei Wagen zu halten. Zur genannten Zeit erschien der Unbekannte, ein Domherr mit Leuten, die den heiligen Schrein trugen. Jetzt wurde der Knecht eingeweiht und zu strengstem Schweigen und größter Vorsicht verpflichtet. Noch hatte er die Mitte der Schiffsbrücke nicht erreicht, als bereits französische Kugeln an seinem Kopfe vorbeipfiffen. Eilends hieb er auf die Pferde ein und erreichte glücklich Deutz. Nun verlief die Fahrt ohne Störungen, und nach einigen Tagen langte das Fuhrwerk vor Wedinghausen (Arnsberg) an. Der Abt lohnte den Knecht, indem er ihm so viele Krontaler in den aufgehaltenen blauen Kittel warf, als er tragen konnte.
Der Aufbewahrungsort der heiligen Reliquien war niemand bekannt als dem Generalvikar von Caspers, der den kostbaren Schatz mit treuer Sorgfalt hütete.« (Darstellung nach Dr. Höynck, Féaux des Lacroix, Geschichte Arnsbergs).
Inzwischen waren am Rhein wieder geordnete Verhältnisse eingetreten, und Köln sehnte sich nach der Rückkehr seiner Domschätze. Diese wurde Ende 1803 seitens des Domkapitels beschlossen. Wiederum wurde bei der Ausführung des Transportes der Allendorfer Fuhrherr in Anspruch genommen. Der erste Reisetag, der 11. Dezember, brachte die Schätze mit ihrer geistlichen Begleitung bis Balve, wo diese zum Übernachten im Gasthause des Bürgermeisters Johann Heinrich Glasmacher einkehrte. In dem Hause pflegten damals die Durchreisenden Kaufleute zu verkehren, die zu jener Zeit noch mit ihren Waren die unsicheren Wege durch die Flusstäler meidend, die obwohl steilen und steinigen, aber festeren Höhenwege bevorzugten und damit auch in das sonst abgelegene Balve gelangten. Wissbegierig, wie es nun mal einem Gastwirt – und dazu noch Bürgermeister – eigen ist, hatte der Hausherr bald das Ungewöhnliche seiner Reisegäste erkannt, und ruhte nicht, bis er auf etlichen Umwegen die hohe Bedeutung dieses Transportes und seine Kostbarkeit herausgefunden hatte. Dann aber, als bekannter Freund von Bibelsprüchen, brach er in den Ruf aus: »Heute ist meinem Hause Heil widerfahren!«. Und schon fingen die Balver Kirchenglocken »von selbst« an zu läuten. Das Geheimnis der hohen Gäste war natürlich nicht länger zu bewahren. Zahlreiche Bewohner Balves fanden sich bald ein, um den auf dem oberen Saale für die Nacht untergebrachten Reliquien der Heiligen Drei Könige sowie des heiligen Gregor, Spoletan, Felix und Nabor ihre Verehrung in rührendster Weise zum Ausdruck zu bringen. Zur dankbaren Erinnerung daran erhielt der Bürgermeister später von Köln einen an diese Reliquien angerührtes Bild mit reichen Segenssprüchen.
In Köln wurden die Reliquien unter unbeschreiblichem Jubel der Bevölkerung an ihre vormalige Ruhestätte übertragen. Der kunstvolle Reliquienschrein war jedoch in mehrere Teile zerlegt von Wedinghausen nach Frankfurt geflüchtet worden, von wo er erst später arg beschädigt nach Köln zurück gelangte.