Kriegerverein Balve – Ein vergessener Verein –
Theodor Schmitz


Inhaltsübersicht
Persönliches Vorwort
Entstehung der Kriegervereine
Chronologie des Balver Vereins
Organisation
Finanzverhältnisse im 19. Jahrhundert
Versammlungslokale
Beerdigungen Unterstützungen
Im Obrigkeitsstaat
Kriegerfeste
Kaisergeburtstag
Männerchor
Trommlercorps
Kriegerdenkmal
Politische Schlussformeln
Ehrentafeln
Nachwort

Persönliches Vorwort
Das war er auch für mich lange Zeit. Gewiss, ich erinnere mich, dass während Kindheit und Jugend die Frauen im Hause, Mutter, Tante und Oma, vom Opa und seinem Kriegerverein hin und wieder sprachen. Es klang immer etwas herablassend, auch etwas entschuldigend. Ich schloss daraus, es müsse wohl sein größtes Hobby gewesen sein.
Aber nach 1945 erinnerte nichts oder so gut wie nichts mehr an den Verein. Er war mit der NSDAP schier über Nacht aus der Öffentlichkeit und auch aus den meisten Köpfen verschwunden. Im April 1945 begann mit dem Einmarsch der Amerikaner ein Großreinemachen in den Schränken und Schubladen. Alles, was auf das tausendjährige Reich oder aufs Militär hindeutete, wanderte in den Ofen. Auch von meinem Großvater, der 1944 gestorben war, fand ich später in den Familienpapieren nichts, was auf seine Tätigkeit im Balver Kriegerverein hingewiesen hätte; und dabei war er etliche Jahre lang Vorsitzender. Die Frauen hatten gründlich aufgeräumt.

Erst als ich mich 1997/98 zum 125jährigen Geburtstag des Männerchors 1874 Balve mit seinen Anfängen beschäftigte, stieß ich ganz massiv im 19. Jahrhundert auf den Kriegerverein Balve.
Von 1875 bis 1935 ist seine gesellschaftliche Bedeutung unter den weltlichen Vereinen höher einzuordnen als die der Schützenbruderschaft. Die meisten einflussreichen Männer, vor allem nach dem ersten Weltkrieg, waren Soldat gewesen, und die vielen Versammlungen, Feste und Festbesuche sowie Beerdigungen und Übungen hielten die Kriegerkameraden eng zusammen.

Entstehung der Kriegervereine
Die Geburt der Kriegervereine in Deutschland ist das Resultat der hochgehenden nationalen und patriotischen Begeisterung nach den napoleonischen Befreiungskriegen, besonders verbunden mit dem Aufstieg Preußens zu einer europäischen Großmacht vor der Reichsgründung 1871.
Mit dem Sieg im Deutsch-Französischen Krieg 70/71 schlugen die Wogen der vaterländischen Begeisterung in ganz Deutschland noch höher. Die vordergründige Logik, dass kompromissloser Militäreinsatz eine erfolgreiche „Politik mit anderen Mitteln “ ist, bewiesen die drei Kriege zwischen 1864 und 1871 den Zeitgenossen eindrucksvoll.

1864 Preußen/Österreich gegen Dänemark, Gewinn der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg,
1866 Deutscher Krieg: Preußen gegen Österreich, Preußen gewinnt Deutschland fast bis zur Mainlinie ( außer Sachsen) und drängt Österreich endgültig aus Deutschland hinaus.
1870/71 Preußen/Deutschland besiegt Frankreich, Reichsgründung mit dem preußischen König als Deutschen Kaiser.

Die Folge der militärischen Erfolge ist die Militarisierung der deutschen Gesellschaft. Die positive Antwort auf die Standartfrage:

„Ham´se jedient?“

macht nun erst den vollwertigen Mann aus.

Für Balve und die Menschen im Herzogtum Westfalen, bis 1802 unter der Herrschaft des Krummstabs der Kölner Erzbischöfe und Kurfürsten des Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation, bedeutete die Militarisierung der Gesellschaft eine Umkehr der Werte.
In den Jahrhunderten davor galten Soldaten nicht viel besser als Räuber, Rekrutierungen glichen oft Sklavenjagden und der Durchzug von Truppen hinterließ in der Regel verarmtes Land.
Mit der Herrschaft Preußens, ab 1815, über die kurkölnischen Territorien, änderte sich erst in Jahrzehnten allmählich das Bewusstsein der Bevölkerung.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zeichneten Vaterlandsliebe, die Treue zum König sowie der Wille, jederzeit mit der Waffe in der Hand auf Befehl von oben anzutreten, den richtigen Preußen und Deutschen aus.

Der Kriegerverein Balve 1903

Chronologie des Balver Vereins
Auf diesem Humus wuchs auch der Balver Kriegerverein. In seiner Satzung von 1896 steht unter § 1. Zweck des Vereins:

Die Liebe und Treue für Kaiser und Reich, Landesfürst und Vaterland bei seinen Mitgliedern zu pflegen, zu betätigen und zu stärken, sowie die Anhänglichkeit an die Kriegs- und Soldatenzeit im Sinne kameradschaftlicher Treue und nationaler Gesinnung aufrecht zu erhalten,
vaterländische Gedenktage festlich zu begehen,
die Leichen verstorbener Mitglieder mit den üblichen militärischen Gebräuchen ( ) zur Gruft zu geleiten,
zu den Kosten der Beerdigung an die Hinterbliebenen Beihülfen zu gewähren, sowie die Kameraden bei unvermutet eintretenden Unglücksfällen zu unterstützen.
Wenige Monate nach der Reichsgründung, die siegreichen Krieger sind aus Frankreich zurückgekehrt, wird in Balve am 1. September 1871 der Kriegerverein gegründet. Mitglied konnten nur „gediente Männer“ werden, d.h. sie mussten, wie lange auch immer, Soldat gewesen sein.
Die Stammrolle (Mitgliederverzeichnis) zählt 43 Gründungsmitglieder vom 1.9. auf. Sie kamen aus dem ganzen Amt Balve ( einschl. Asbeck, Affeln/Altenaffeln und Küntrop ).
Gründer war der Jurist und spätere Justizrat Schneider, der bald nach Arnsberg verzog.
Ab 1875 übernahm Bernhard Bonhoff, Rentmeister auf Schloß Wocklum, den Vorsitz (Präses).

Bis kurz vor seinem Tode im Juli 1879 führte der Leineweber Franz Than als Rendant die Kassengeschäfte. Das Amt übernahm dann der 28 jährige Schlosser und Schmied Johann Hering. 1890 erbaute er Wohnhaus und Werkstatt an der Hönnetalstraße 18. Sein Sohn führte den Betrieb in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts weiter mit einer Esso Tankstelle. Johann Hering blieb Schriftführer bis 1903.
Postbetriebsassistent Hermann Herdes sen. übernahm von ihm die Schriftführung. Die Kasse gab Johann Hering 1907 an Johann Mesters ab, er starb in Balve 1937 mit 85 Jahren. Johann Mesters war Gegenbuchhalter der Sparkasse Balve und Dirigent des Musikvereins Balve. Er blieb Rendant des Kriegervereins bis Mai 1934. Justizsekretär Hermann Herdes jun. übernahm neben der Schriftführung dann auch die Kassengeschäfte.

Als Präses Bonhoff 1880 schon längere Zeit krank war, führte sein Stellvertreter Amtsrichter Künzel den Verein.
Bonhoff stirbt, 38 Jahre alt, am 14.6.1880. Am Ende des Jahres wird sein Stellvertreter Künzel nach Duisburg versetzt.
Es kommt ein neuer Amtsrichter nach Balve, Franz Niesert von Burg Vischering im Münsterland, Leutnant der Landwehr, 28 Jahre alt. Ihn wählen die Kriegerkameraden im Januar 1881 zum neuen Präses.
Im August 1895 wird Franz Niesert nach oben, zum Landgericht Arnsberg befördert. Er stirbt 1935 als Oberlandesgerichtsrat i.R. und Geheimer Justizrat in Hamm. Er blieb zeitlebens mit dem Kriegerverein Balve verbunden. Er verbrachte einige Male seinen Sommerurlaub in Balve und kam zu Jubiläen und Ehrungen.
Sein Nachfolger im Amt des Präses wurde am 26.1.1896 der bisherige Vereinshauptmann Heinrich Cramer, 49 Jahre alt und seit langem schon Vorsitzender des Männerchor Balve. Nach der Sparkassengründung am 1.4.1881 wurde er ihr erster Rendant. Die Geschäftsräume der Sparkasse befanden sich in seinem Wohnhaus. ( Hauptstraße 21, Blasiusapotheke ) . 1920 zog die Sparkasse zwei Häuser weiter ( Wassmuth ) ; das Haus gehörte ebenfalls Cramer.
Nach seinem Tode,10.11.1913, wählte der Verein vier Wochen später Amtsrichter Thoene zum Vorsitzenden. 1919 wieder versetzt, übernimmt der neue Amtsrichter Wigge den Vorsitz. Nach nur zwei Jahren wird er nach Meschede versetzt.
So wird im Jahr des 50 jährigen Jubiläums des Vereins am 29.5.1921 Metzgermeister Clemens Dransfeld mit 38 Jahren zum Vorsitzenden gewählt. Er stammt aus dem im Herbst 2000 abgebrannten Haus Dransfeld an der Hauptstraße. 1928 kandidiert er nicht mehr und stirbt am 19.3.1934.
Neuer Vorsitzender wird am 8.12.1928 Winterschuldirektor Mittrop. Bereits ein Jahr später wird er nach Arnsberg versetzt und so wählt der Verein schon wieder im Dezember 1929 einen neuen Vorsitzenden. Er heißt Dr. med. Hugo van Bömmel, 37 Jahre alt und praktizierender Arzt in Balve. Im August 1934 tritt er zurück und ernennt nach dem bereits ein Jahr früher von den Nationalsozialisten eingeführtem Führerprinzip den bereits zum Schriftführer und Kassenführer bestellten Hermann Herdes auch noch zum Vereinsführer.

Im weiteren Verlauf der Umgestaltung „von Oben“ wird im März 1935 aus dem Kriegerverein eine Kriegerkameradschaft gemacht. Der Vorsitzende heißt jetzt Kameradschaftsführer.
Im August 35 stellt Hermann Herdes sein Amt als Vorsitzender zur Verfügung. Sein Nachfolger wird bei einstimmiger Wahl der 67 jährige Maler- und Anstreichermeister Theodor Werthschulte als Kameradschaftsführer.
“ Das Interesse für die Kriegerkameradschaft scheint immer mehr nachzulassen.“ Schreibt Schriftführer Hermann Herdes im August 1936 als zur Versammlung nur 12 Männer erschienen sind.
In der Tat, mit der Machtübernahme durch Adolf Hitler am 30. Januar 1933 als Reichskanzler begannen andere Sterne am vaterländischen Himmel zu strahlen, zu glühen und 12 Jahre später zu verglühen. Die Partei und ihre Gliederungen wurden die neuen Machtzentren. In den Protokollen von 1934/35 lässt sich leicht nachvollziehen wie führende Mitglieder des Kriegervereins ihre Posten aufgaben mit der Begründung, die neuen NS-Gliederungen beanspruchten ihre ganze Kraft.
Auf dem Papier stehen zwar noch 130 Mitglieder aber der aktive Teil ist auf 20 – 30 Männer geschrumpft. Sie treffen sich zwar weiter drei bis viermal im Jahr aber die Kraft, Volksfeste zu veranstalten, hat sie verlassen.

Die Kriegervereine haben zwischen den beiden Weltkriegen das Bild des im Felde unbesiegten Soldaten hochgehalten und damit trotz des militärischen Desasters 1918 dem Militär in der Weimarer Republik einen gefährlich hohen Rang in der Gesellschaft verschafft. Hitler konnte mit seiner Aufrüstung darauf erfolgreich aufbauen. Er fand keinen nennenswerten Widerstand in den konservativen und damit weitgehend tonangebenden Kreisen. Die Kriegervereine waren ein Teil davon.
Die militante alles durchdringende NS-Ideologie durchdrang den Verein zwar nie richtig. Er war und blieb katholisch, konservativ. Bei der letzten freien Wahl im Juli 1932 im Amt Balve erhielt das Zentrum 2423 und die NSDAP 554 Stimmen, SPD und KPD fast gleich viel mit 228 und 229. Vor 1933 waren in Balve die Nazis mit Abstand 2. Sieger.
Nach 1934 wurden die Kriegervereine bald zu Folklorestatisten degradiert. Die begeisternden Aufmärsche kamen jetzt von der SA, der neuen Wehrmacht, der HJ, dem BDM und vielen anderen NS-Gliederungen.

Im Februar 1940 beträgt der Kassenbestand des Vereins 15.– Mark. Über Sammlungen werden “ Liebesgaben “ an die Front geschickt. Die Kameraden versammeln sich nur noch einmal im Jahr. Im Mai 1943 kommt das Ende. 10 Männer sind noch gekommen zwischen 55 und 80 Jahre alt. Ob der Vorsitzende Werthschulte daran teilnahm, geht aus dem letzten Protokoll nicht hervor,er starb wenig später am 8.7.1944. Der Schriftführer gibt den Führererlaß vom 3.3.1943 wieder.
“ Im Zuge der kriegsnotwendigen Organisationsvereinfachungen ist die überörtliche Organisation des N.S. Reichskriegerbundes ( ) aufzulösen.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm das Kriegervereinswesen immer mehr ab. In Balve geschah überhaupt keine Wiederbelebung. Die Garbecker Kriegerkameradschaft lebte noch etwa 10 Jahre. Auch eine Kreisorganisation bestand in den späten 40er Jahren. Ein Verband der Heimkehrer entstand in Garbeck 1952, der jedoch mit den Zielsetzungen der alten Kriegervereine nicht mehr übereinstimmt, da er mehr die finanziellen und rechtlichen Interessen der damaligen Soldaten und ihrer Angehörigen vertritt.
1985 bildete sich in Garbeck die Reservistengemeinschaft Balve-Garbeck. Aber auch sie schrumpfte mit der Bundeswehr. Im Januar 2002 wandelten sich die Reservisten in eine “ Interessengemeinschaft Bundeswehrpatenschaft und Dorfgemeinschaft Garbeck e.V“ um.

Organisation
Im zivilen Bereich war der Verein wie üblich organisiert. Vorsitzender, stellv. Vorsitzender, Rendant (Kassenführer ) und Schriftführer bildeten den amtlichen Vorstand, hinzu kamen ein bis zwei Beisitzer aus Balve sowie ein Vorstandsmitglied aus jeder Amtsgemeinde. Der Vereinshauptmann gehörte ebenfalls dem Vorstand an, meist war er jedoch der stellv. Vorsitzende.

Militärisch organisatorisch teilte sich der Kriegerverein um 1900 in 18 Korporalschaften auf.
6 für Balve, 1 Beckum, 1 Volkringhausen, 1 Eisborn, 2 Langenholthausen, 1 Blintrop, 1 Küntrop, 1 Mellen, 1 Wocklum, 3 Garbeck.
Die Korporalschaftsführer wurden auf drei Jahre gewählt und unterstanden einem Feldwebel, darüber stand der Hauptmann des Vereins.
Die Beiträge begannen 1871 mit 26 Pfennig pro Monat. 1877 Ermäßigung auf 25 Pfennig, 1883 auf 10 Pfennig, aber nur für die Mitglieder, die von Anfang an dabei waren. Später hinzugekommene mussten auch für die ersten 10 Jahre 25 Pfennig pro Monat bezahlen. Überhaupt war das Einziehen der Beiträge von der Gründung bis zum Ende ein unbefriedigendes Dauerthema in allen Versammlungen.

Der Verein war auf das ganze Amt Balve ausgelegt, jedoch etablierte sich in Affeln bereits 1888 ein eigener Kriegerverein zu dem auch Küntroper und Blintroper kamen.
Garbeck machte sich 1911 selbständig und1920 folgte als letzter Verein im Amt Beckum/Volkringhausen.
Zwischen 1920 und 30 hatte der Kriegerverein Balve 180 bis 200 Mitglieder einschließlich Langenholthausen und Mellen und keine mehr aus den restlichen Amtsgemeinden.
Die Mitgliederzahlen verteilen sich 1902 auf die Amtsgemeinden und Ortsteile wie folgt:

Balve 73
Garbeck 30
Langenholthausen 23
Mellen 17
Beckum 12
Volkringhausen 10
Blintrop 10
Eisborn 8
Küntrop 7
Höveringhausen 4
Wocklum 4
Frühlinghausen 3
Leveringhausen 3
Asbeck 3
Benkamp 2
Käsberg 2
Helle 2
Horst 2
Hönnetal 1
Elbersloh 1

Ergibt zusammen 217 Mitglieder

Eine erste Fahne wurde gleich nach der Gründung angeschafft. Im Herbst 1898 gab es eine zweite. Heinr. Cramer hatte dafür einen Sponsor gefunden, Artilleriehauptmann der Res. Carl Dauro oder Danro aus Dortmund, der die Rechnung von über 500 Mark bezahlte. Er wurde zum Ehrenmitglied ernannt.
In den Stadtakten von 1891 liegt eine genaue Zeichnung von beiden Seiten der Fahne, dazu eine Beschreibung des Vorsitzenden Franz Niesert:

„Die Farben der Fahne des Kriegervereins Balve sind:
I Vorderseite:

Grundfarbe: weiß, doppelte Umfassung: gold.
Kranz: Eichenlaub grün; Schleife: schwarzweißrot;
Inschriften: schwarz
Inschrift: ( Mit Gott für König und Vaterland ) gold mit schwarz.

II Rückseite

Grundfarbe, Umfassung wie bei I.
Germania: Gewand: blau mit gelb;
Kränze: grün;
Krone: gold mit schwarz; Unterschrift: desgl.
Inschrift: ( Fest steht und Treu die Wacht am Rhein ): gold mit schwarz.

Balve 26. März 1891
Niesert“

Die Fahnen sind am Kriegsende 1945 verschwunden.

Finanzverhältnisse im 19. Jahrhundert
Der Verein besaß 1882 ein sehr hohes Barvermögen von über 900 Mark. Das Geld verwahrte formlos der Kaufmann Schulte, ohne Zinszahlung. Vor knapp einem Jahr war die Sparkasse gegründet worden.
Doch allzu viel Vertrauen in das neue Unternehmen hatten die Balver Kriegerkameraden noch nicht. Sie verliehen 900 Mark an ihren Rendanten zu 4,5% Jahreszins, unbefristet, und mit gegenseitiger, dreimonatiger Kündigung. Der Rendant musste einen Schuldschein ausstellen, den der Vorsitzende verwahrte.
Zwei Jahre später war das Vertrauen in die Sparkasse wohl kräftig gewachsen. Die Versammlung beschloss mit deutlicher Mehrheit, das Geld vom Rendanten abzuziehen. Dem passte das überhaupt nicht. Erst einmal sagte er, dass die Sparkasse nur 4% Zinsen zahle. Sodann erklärte er, dass er das Darlehen als eine Art Honorar für seine Arbeit ansähe und er träte von seinem Posten zurück, wenn es abgezogen würde.
In der nächsten Versammlung wurde der Vereinsbeschluss noch einmal bekräftigt. Der Rendant musste noch im gleichen Jahr 300 Mark zurückzahlen, wovon 200 Mark erstmals zur Sparkasse gingen.
In der darauffolgenden Versammlung im Mai 1884 erklärte der Rendant, „dass er den Beschlüssen gemäß verfahren wolle, für dieses Jahr 1/3 und im Laufe der nächsten beiden Jahre den Rest des Vereinsvermögens an die Sparkasse hierselbst verzinslich anlegen werde…“
Sein Amt als Schriftführer und Kassenführer behielt Rendant Hering, bekam aber jetzt eine monatliche Vergütung von 1 Mark.

Versammlungslokale
Vereinslokal war von Anfang bis Ende der Gasthof Krüdewagen an der Hauptstraße 8. Um den vielen Kameraden in den Dörfern entgegenzukommen, aber auch um Mitglieder zu werben, wurden etwa ab 1885 die Hälfte der Versammlungen, meist zwei im Jahr, nicht in Balve abgehalten.
Nach 1900 ging man zum Feiern der Feste in den Saal des Hotels Kohne, in Ausnahmefällen wurde auch schon einmal eine Versammlung dort abgehalten.

Einen kleinen Scheibenschießstand gab es beim Hotel Kohne. 1929 eröffnete der Verein “ beim Kameraden Sauer“ ( Restaurant Zur Balver Höhle ) einen neuen Schießstand, der in den späteren 30er Jahren auch von der SA und anderen NS-Gliederungen benutzt wurde.

Beerdigungen, Unterstützungen
Gemäß der Satzung wurden alle verstorbenen Kriegerkameraden “ mit den üblichen militärischen Gebräuchen“ bestattet. Dazu mussten im Prinzip alle Mitglieder antreten, natürlich mit Mütze und Orden. Da das nicht durchzuhalten war, beschied man sich später nach vielem Klagen und Debattieren auf “ möglichst viele Mitglieder“. Der Sarg wurde von den Kameraden in weißen Handschuhen getragen. Trommlercorps oder Musikkapelle spielte dazu und die
“ Gewehrsection“ ( 8 bis 12 Schützen ) schossen Salut am offenen Grab mit Platzpatronen. Danach ging es ins Vereinslokal Krüdewagen.
Die Beerdigungen kosteten dem Verein im 19. Jahrhundert viel Geld, zwischen 20 und 40 Mark pro Sterbefall.
Daneben unterstützte man kranke oder hilfsbedürftige Kameraden. Ihnen wurde der Beitrag gestundet, auch erlassen und Beihilfen von vierteljährlich 15 bis 20 Mark gewährt.

Im Obrigkeitsstaat
Nicht einmal Amtmann Krumm in Balve konnte Statuten oder Fahnen genehmigen, dafür war der Landrat in Arnsberg zuständig.
Aus den Jahren 1880 bis 1910 gibt es einen sehr umfangreichen Schriftverkehr vom Preuß. Innenministerium in Berlin über den Landrat in Arnsberg bis nach Balve. Generalthema: Überwachung der Vereine.
Seine Majestät Wilhelm I. war z. B. höchst ungnädig als er auf Kriegervereinsfahnen nach der Reichsgründung 1871 “ Für Kaiser und Vaterland“ las. Er ließ höchstselbst verlauten:
Majestät wünscht in Preußen nur “ Für König und Vaterland“ zu sehen.
Im 19. Jahrhundert musste der Amtmann alljährlich ein Formblatt ausfüllen über alle Vereine. Erste Spalte Name, zweite Spalte der gesamte Vorstand und in der dritten Spalte, die doppelt so breit war Bemerkungen. Da steht dann u.a.:
“ Die Haltung des hiesigen Kriegervereins ist bis jetzt in jeder Beziehung zuverlässig und hat derselbe nur die Wahrung der militärischen und patriotischen Interessen im Auge.
Er ist frei von socialdemokratisch gesinnten Mitgliedern.“
Es war strengstens verboten, “ politische Diskussionen“ zu führen, denn die, so wurde automatisch unterstellt, sind immer gegen die Obrigkeit gerichtet.

Kriegerfeste
Nach Möglichkeit wurde jährlich im Sommer in der Balver Höhle ein Kriegerfest gefeiert. Die Feste bedeuteten in den 70er und 80er Jahren des 19. Jahrhunderts immer ein finanzielles Risiko. Um es zu minimieren wurde versucht, sich mit der Schützenbruderschaft oder dem Landwirtschaftlichen Verein zusammen zu tun, um die immer schon hohen Kosten der Höhle zu teilen.
So wurde mal an einem Wochenende, der eine Samstag, der andere Sonntag oder auch an zwei folgenden Wochenenden gefeiert, aber jeder für sich. Schon alleine der Auf- und Abbau des hölzernen Tanzbodens, der den Schützen gehörte und in dem vor der Höhle stehenden Geräteschuppen gelagert wurde, war sehr personalaufwendig. Bänke und Biertheken mussten aufgestellt werden. Die Musikanten bekamen eine eigene Bühne. Eine Leuchterpyramide wurde aufgebaut für die auch Öl und Docht besorgt werden musste.
Als Festmusik wurden häufig die Garbecker Musikanten unter ihrem Dirigenten Bernhard Pingel verpflichtet, aber auch Kapellmeister Grimm aus Iserlohn spielte in Balve. Als es ab 1904 in Balve einen Musikverein gab, wurde der natürlich ständig engagiert.
Zum sommerlichen Kriegerfest wurden viele benachbarte Vereine eingeladen. Bis 1912 ( Eröffnung der Hönnetalbahn ) kamen die Gäste zu Fuß oder mit großen, pferdebespannten Leiterwagen. Sie wurden auf der Balver Brücke von einer Deputation des Vereins in Empfang genommen. Mit Fahnen und Marschmusik ging es dann zur Höhle. Dort gab es Konzert und abends Ball. Auch ein Zapfenstreich gehörte zum ständigen Programm. Morgens früh um 5 Uhr wurde Reveille getrommelt und geblasen. ( Ein militärischer Weckruf ähnlich dem Zapfenstreich am Abend ) Auch Böllerschüsse durften bei keinem Fest fehlen und manchmal kam noch ein Feuerwerk hinzu.
Wer bei Festzügen fehlte, musste 50 Pfennig Strafe bezahlen. Der Eintritt zum Fest betrug vor dem 1. Weltkrieg für Mitglieder 1 Mark und für Nichtmitglieder 1.25 Mark. Über die Frage, ob auf dem Fest Freibier verzapft wird, wurde jährlich neu entschieden, mal so mal so.
1882 wurde “ Zur Aufsicht über das Bier das nicht unnötiger Weise vergossen wird, und nachzusehen wie viel den Tag getrunken wird, 3 Mitglieder des Vereins bestellt.“
Die Kriegervereinsfeste schlossen um 1880 meist in Einnahme und Ausgabe um 150 Mark, eher bei leichten Verlusten ab. Dabei waren kostenlose Eigenleistungen der Mitglieder für die Vor- und Nachbereitungen der Feste unüblich. Die Arbeiten wurden gegen Bezahlung den entsprechenden Handwerkerkameraden übertragen.
Die Bierpreise zwischen 1875 und 1900 beim Biermarkenverkauf:
“ Für 20 Pfennig 3 Marken gleich 3 Tulpen.“
1900 kostete im Vereinslokal Krüdewagen ein viertel Liter Bier 10 Pfennig.

40 jähriges Stiftungsfest wurde am 18. Juni 1911 ganz groß Sonntag und Montag gefeiert. Schon im Dezember bildete sich ein über 20 Köpfe starkes Festkomitee. Die Leitung erhielt Amtsrichter Thoene. Eine Militärkapelle sollte spielen. Man fand schließlich die 20 Mann starke Bataillonskapelle des Inf. Regm. 83 aus Arolsen. Sie kostete 350 Mark einschließlich Fahrt und Verpflegung. Nur für die Fahrt mit dem Pferdewagen vom Bahnhof Hachen aus musste noch 30 Mark bezahlt werden. Sämtliche Vereine der Kreiskriegerverbände Arnsberg, Iserlohn und Altena wurden eingeladen. Von ihnen wurde am Sonntag ein Eintrittsgeld von 25 Pfennig erhoben. Nichtmitglieder zahlten 1,25 M., Damen 25 Pfennig.
Das Programm am Sonntag beginnt mit einem gemeinschaftlichen Kirchgang um 8 Uhr. Ab 12 Uhr werden die fremden Vereine erwartet. ( Noch keine Hönnetalbahn ) Um 14 Uhr Antreten mit Fahnen und Musikkapellen, Festzug und Parademarsch.
In der Höhle Begrüßung, Festrede, Konzert und ab 18 Uhr Ball.
Am Montag um 9 Uhr Antreten am Hause des Vorsitzenden ( Blasiusapotheke ), Ausflug ins Grüne mit Musik und Frühschoppen. Am Nachmittag um 15 Uhr Antreten und Marsch zur Höhle, dort Konzert und Tanz.
Die Einnahmen des Festes betrugen 1251 M bei einem Überschuss von 319 M.
Zum Kriegerverbandsfest in Arnsberg im Mai 1901 wollten 60 Kameraden mitfahren. Der Verein mietete drei Wagen mit Gespann, jeder kostete etwa 18 Mark. Die Mitglieder mussten 60 Pfennig Fahrtkosten bezahlen.

Noch Mitte 1915 besaß der Verein ein Barvermögen von über 1500 Mark, obwohl bereits “ zur Unterstützung der Familien deren Männer im Felde standen“ 200 Mark bezahlt war.

Kaisergeburtstag
Zu den vaterländischen Gedenktagen, die nach dem Vereinsstatut zu begehen sind, gehörte in erster Linie Königs- bzw. Kaisers Geburtstag. 1884 erstmals wurde er im Vereinslokal Krüdewagen am Sonntag Ende März gefeiert.
Nach 1888, als Wilhelm II. regierte, wurde „Kaisergeburtstag“ ( 27.1.) regelmäßig am folgenden Sonntag gefeiert. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie 1918 machte man kurzerhand in der Weimarer Republik daraus ein Winterfest.
Ab 1902 ging man damit in den größeren Saal des Hotels Kohne.
Erstmals durften Angehörige und Bekannte teilnehmen. Den Saal und auch die Eingangstür schmückten Tannengrüngirlanden. Am Sonntag Morgen wurde um 7.45 Uhr auf der Hauptstraße angetreten, natürlich mit Kriegermützen und Orden und Ehrenzeichen auf der Brust. Das Trommlercorps des Vereins begleitete den Zug zur Kirche. Die Hl. Messe wurde für die verstorbenen Kameraden gefeiert.
Am Nachmittag um 16.30 Uhr begann die Feier in Kohnen Saal. Alle mussten 25 Pfennig Eintritt bezahlen. Die Garbecker Musik spielte für 40 Mark Honorar unter dem Dirigenten und Kriegerkamerad Bernhard Pingel, von 1870 bis 1905 Chef der Musiker. Es gab Theateraufführungen und der Balver Männerchor sang “ Vaterländische Lieder „. Spätestens um Mitternacht musste Schluss sein, sonst gab´s Ärger mit der Obrigkeit.

1903 hängte man am Kaisergeburtstag in der Pfarrkirche einen Kranz in einem Glaskasten auf mit der Widmung:
“ Für die verstorbenen Kameraden des Kriegervereins für das Amt Balve“

Männerchor
Seit den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts bestand in Balve ein Männergesangverein. Eine verhältnismäßig lockere Vereinigung, ohne festen Vorstand, Festzüge und Sängerfeste.
In den 70er Jahren misstraute die preußische Obrigkeit dieser Unordnung aufs tiefste. Hatte man doch niemand, den man verantwortlich machen konnte.
1877 kam Amtmann Dittrich nach Balve. Er zwang den Gesangverein, der bisher unter der künstlerischen und wohl auch organisatorischen Leitung des Küsters und Organisten Eberhard Höynck gestanden hatte, Vereinsstatuten, Vorstand und Mitgliederlisten zu führen. Der Name lautete Gesangverein Caecilia Balve.
1882 lassen sich 17 Mitglieder nachweisen, davon gehören fünf auch dem Kriegerverein an. Bis 1886 lässt sich der Gesangverein Caecilia in den Akten der Stadt noch verfolgen. Der Chor mit dem breiteren Hintergrund hat ihn wohl aufgesogen.
Aus welchen Gründen 1882 ein weiterer Männergesangverein in Balve gebildet wurde, lässt sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht erkennen. Vielleicht sang Caecilia zu wenig vaterländische Lieder. Ohne weitere Erklärungen berichtet das Protokoll des Kriegervereins vom 19.11.1882:
“ Sodann wurde seitens des Präses in Anregung gebracht, dass wir innerhalb des Kriegervereins vielleicht auch einen Gesangverein gründen könnten.“
Schon Silvester 1882 bildete sich der „Kriegergesangverein“ unter seinem Dirigenten Martin Burgard, der extra dafür in den Kriegerverein eingetreten war. Doch hatte der Dirigent die Rechnung ohne Caecilia gemacht, die er auch dirigierte. Der Gesangverein verlangte, nicht auch die aufkommende Konkurrenz zu leiten. Burgard fügte sich und neuer Dirigent wurde im Februar 1883 Kamerad Bernard Pingel aus Garbeck.
Auch gestattete der Kriegerverein “ die Aufnahme tüchtiger Sänger, welche nicht Kriegervereinsmitglieder werden konnten, aber sonst unbescholten sind.“
Noch im Dezember des gleichen Jahres stellte sich der junge Kriegergesangverein auf eigene Füße und nannte sich „Männerchor“.
Vorsitzender wurde Josef Grevener, kein Mitglied des Kriegervereins, aber schon 1877 Vorsitzender von Caecilia. Rendant wurde der bewährte Johann Hering, schon Kassenführer im Hauptverein. 15 Sänger unterschreiben das Gründungsstatut vom Januar 1884.
Der Kriegerverein unterstützte den Männerchor weiter mit 3 Mark monatlich. Dafür sollte der Chor an allen Generalversammlungen, Beerdigungen und auf den Kriegerfesten singen.
Acht Jahre später, 1892, weist die Mitgliederliste schon 41 Sänger aus. (Ausführlich über die Geschichte des Männerchors 1874 Balve in der Festschrift zu seinem 125 jährigen Jubiläum vom Verfasser.)

Trommlercorps
Im August 1898 gründete der Verein ein Trommlercorps. Bis zum Dezember hatte man fünf Trommler und Hornisten gefunden. Kamerad Pingel, Kapellmeister in Garbeck, übernahm die Ausbildung. Der Verein zahlte Instrumente und Uniform, Jägermütze und Jägerrock sowie weiße Hose. Tambourmajor wurde zusätzlich Theodor Werthschulte. So konnte nun endlich nach eigenem Takt marschiert werden.
Nach der Gründung des Musikvereins Balve 1904, der Tambourmajor wurde sein erster Vorsitzender, übernahm dieser allmählich Personal und Aufgaben des Trommlercorps. Noch einmal, 1912, wurde ein neues Trommlercorps aufgestellt. Unter Tambourmajor Anton Midderhoff spielten vier Trommler und vier Hornisten.
Im Januar 1905 spielte der Musikverein Balve zum ersten Mal auf Kaisergeburtstag im Saal des Hotels Kohne. Im gleichen Sommer marschierte der Musikverein mit dem Kriegerverein nach Sundwig zum dortigen Kriegerfest. Für die Musiker, die nicht dem Kriegerverein angehörten, wurden für den Tag 20 Mark bewilligt.
Auch die bisher bei Beerdigungen vom Trommlercorps gestellte Musik ( pro Mann für 2 Mark) ging ab Mai 1905 auf den Musikverein über, der dafür pro Beerdigung 20 Mark erhielt.
Den ersten professionellen Preis bekam der Musikverein für die Feier des Sedantages ( Schlacht vor Sedan am 2.9.1870 ) am 2. September 1906.
Kamerad Mesters, der Dirigent, verlangte 120 Mark nebst Freibier von Sonntag Mittag an.

Kriegerdenkmal
Allen Kriegervereinen lag nach dem 1. Weltkrieg der Bau von Kriegerdenkmälern am Herzen. Schon vor dem Kriege gab es Denkmalpläne in Balve. Die dafür angesparten Mittel des Vereins gingen im Krieg unter.
Seit 1921 beschäftigte sich der Kriegerverein fast in jeder Sitzung mit dem Thema. Mehrfach wurden Zeichnungen begutachtet und Kostenanschläge eingeholt. Im Januar 1922 tagten auf Einladung des Kriegervereins Vertreter der Balver Vereine, um einen Denkmalentwurf des Balver Kunstmalers Buschmeyer zu begutachten. Er „fand allseitigen Beifall und einstimmige Annahme. Mit einer Geldsammlung sollte sofort begonnen werden.“ Als Standort wurde bereits „der alte Friedhof“ vorgesehen.
Die bis Ende 1923 galoppierende Inflation machte die Pläne vorläufig zunichte.
Doch schon im Januar 1924 wurde im Verein eine neue Denkmalkommission aus den führenden Männern gebildet. Man kam aber in den nächsten Jahren nicht recht weiter. 1928/29 wurde immer noch über den Standort sowohl mit der Kirche als auch mit Kaufmann Gercken verhandelt.
Die Beckumer bekamen ihr Anliegen schneller hintereinander. Erst 1920 als Kriegerverein selbständig geworden, weihten sie schon 1929 ihr Ehrenmal ein.

1930, im Jahr der Tausendjahrfeier in Balve, war es dann doch geschafft. Mit Hilfe aller Balver Vereine und der Stadt wurde das heutige Ehrenmal auf dem Kirchplatz errichtet. Allerdings stand Buschmeyers Entwurf nicht mehr zur Realisierung an.
Die Planung stammt vom Münsteraner Bildhauer Albert Mazzotti, der bewusst durch die an der Kapelle sich anschließenden Flügelmauern dem Kirchplatz mehr Abgeschlossenheit geben wollte.
Die Einweihung geschah am 2. August 1930. Unter Führung des Kriegervereins versammelte sich um 20.30 Uhr ein großer Fackelzug am damaligen Amtshaus an der Hönnetalstraße ( etwa Hof Landhandel Gödde). Durch die Stadt und über den Kirchplatz zog man vor das neue Ehrenmal. Die kirchliche Einweihung vollzog Weihbischof Dr. Hillebrand aus Paderborn. Die Gründungsurkunde wurde eingemauert und Reichsminister a.D. Landrat Dr. Haslinde aus Arnsberg hielt eine “ vaterländische Festrede“.

Im nächsten Jahr, der 60. Geburtstag des Kriegervereins war fällig, sollte mit einem großen Fest auch eine nochmalige weltliche Einweihung des Ehrenmals verbunden werden.
Das Festwochenende vom 22. und 23. August 1931 begann am Samstagabend mit einem Zapfenstreich auf der Hauptstraße. Ehrenbogen waren an der Hönnebrücke, am Hotel Kohne und im Mühlenkamp errichtet worden.
Am Sonntagmorgen wird um 5 Uhr Wecken geblasen und getrommelt. Um 9 Uhr feiern ein paar Hundert Krieger, allein aus Beckum/Volkringhausen kommen 108, einen Feldgottesdienst an der Piuskapelle. Danach Konzert vom Musikverein Balve vor dem Rathaus ( Volksbank) und vom Posaunenchor Deilinghofen am Ehrenmal. Am Hotel Kohne gibt es für alle Auswärtigen Erbsensuppe aus der Gulaschkanone.
Um 15 Uhr Abmarsch zum Ehrenmal mit über 500 Krieger, viele in geliehenen Uniformen und mit Gewehren. Mehr als zwei Dutzend Kriegerfahnen umgeben das Ehrenmal. Bürgermeister Dinkloh, Stadtvorsteher Hering und der Gemeinderat stehen bereit. Der Männerchor Balve eröffnet mit einem Lied die Feierstunde. Ihnen folgt der Vorsitzende des Kriegervereins Dr. med. Hugo van Bömmel. Nach kurzer Begrüßung der Gäste übergibt er dem Stadtvorsteher den Schlüssel des Ehrenmals und damit den Bau in die Obhut der Stadt. Der Posaunenchor spielt: “ Nun danket alle Gott“. „Dann ergreift ein alter Frontsoldat, Herr Vikar Strawe aus Iserlohn das Wort zu einer Gedächtnisrede.
( )Am Ende liest er laut und langsam die 40 Namen unserer gefallenen Balver Brüder vor.“ Junge Mädchen legen einen mächtigen Lorbeerkranz in den alten Reichsfarben (schwarz, weiß, rot) nieder.
Drei Gewehrsalven beschließen die Feier. Der Festzug formiert sich Richtung Höhle. Auf der Treppe der Sparkasse ( heute Wassmuth) haben sich die Vorsitzenden, Offiziere und Ehrengäste aufgestellt. Sie nehmen die Parade der Krieger ab. ( Wirklich: Preußischer Stechschritt ist gemeint.)
In der Höhle angekommen, geht es zu wie immer. Verzapft wird Müserbräu.
Der Kreiskriegervorsitzende Adolf Cosack aus Neheim hält eine „zündende Ansprache“. Ihm folgt noch der ev. Pfarrer Gobrecht aus Deilinghofen.
„Immer höher schlagen allmählich die Wogen fröhlichen Beisammenseins.“
Musikkapellen lösen sich im Spiel ab. Der Tanz beginnt.
Im übrigen war das Stiftungsfest für den Balver Verein ein gutes Geschäft. Bei Einnahmen von 1310 Mark blieben 440 Mark übrig. Sie wurden voll zur Abzahlung des Ehrenmals verwandt.

Politische Schlussformeln
Einen vielsagenden Einblick in die politische Geschichte Deutschlands der letzten 130 Jahre bieten die Schlussfloskeln der Versammlungsprotokolle.

Der alte Rendant und Schriftführer ( Johann Hering) verzichtete ganz darauf. Üblich war im 19. Jahrhundert bei Veranstaltungen aller Art “ Ein Hoch auf seine Majestät auszubringen“. Bis 1888 unter Wilhelm I. hieß das in Preußen:

„Ein Hoch auf seine Majestät den König!“
Die Versammlung antwortete: “ Hoch!“

Erst Wilhelm II. fühlte sich ganz überwiegend als Kaiser und ließ sich nur noch so ansprechen.
Als 1903 Hermann Herdes sen. neuer Schriftführer des Vereins wurde, verzichtete er noch bei den ersten zwei Protokollen nach bisheriger Sitte auf eine Schlussformel. Am Ende des dritten aber schreibt er:
„Mit dem üblichen Hoch auf seine Se. Majestät wurde die Versammlung geschlossen.“
Ein anderer schreibt wenig später:
„Es brachte der Herr Vorsitzende ein Hoch auf S.M. den Kaiser aus …“
1915 im 1. Weltkrieg heißt es dann:
„mit einem Hoch auf Se. Majestät unserem obersten Kriegsherrn …“.
Von 1916 bis 1920 kein Hoch auf Irgendwen und Irgendwas. Das Grauen des Krieges, die Revolution und der Versailler Vertrag ließen die Hochrufe verstummen.
Doch Ende 1921 bessert sich die Stimmung wieder:
„Mit einem Hoch auf das Vaterland und den Kriegerverein wurde die Versammlung geschlossen.“
So blieb es bis 1934. Nun wurde es bombastisch:
„mit einem Hoch auf unseren Präsidenten und Feldmarschall Reichspräsident von Hindenburg und einem Sieg Heil auf unseren Frontkameraden Reichskanzler Adolf Hitler.“
Und ein Jahr später:
“ Mit einem „Sieg Heil“ auf das Deutsche Vaterland und seinen Führer unseren Frontkameraden Adolf Hitler …“
Ab Ende 1935 heißt es.
„Mit einem “ Sieg Heil“ auf Führer und Vaterland und einem „Hurra“ auf den Kriegerverein …“
Einmal sogar, Ende 1935 wurde die Versammlung mit dem Deutschland- und Horst-Wessel-Lied geschlossen.
Danach bleibt es bis in den Krieg 1940 bei
„einem dreifachen Sieg Heil auf Führer und Vaterland …“
Das zweitletzte Protokoll im Februar 1943 schließt:
“ Mit dem Gedanken an unsere im Felde stehenden Kameraden an der Spitze unser Führer und Oberster Befehlshaber der Wehrmacht und im Vertrauen auf den baldigen Endsieg …“

Ehrentafeln
Protokoll der Versammlung vom 9.11.1890:
„In der () Versammlung wurde die Anlage einer Gedenktafel für die Gefallenen in den Feldzügen besprochen; da die Anschaffung derselben genehmigt, so sollte der Vorstand den Platz hierfür in der Kirche zu Balve aussuchen.“
Er fand ihn in der alten Kirche unter der Orgel. Drei Tote aus der Pfarrei Balve forderte der Preußisch-Österreichische Krieg 1866 und sechs Tote der Deutsch-Französische Krieg70/71, so verzeichnet es die Tafel.
Ende der 50er im letzten Jahrhundert bei einer Kirchenrenovierung verschwand die Tafel auf dem Kirchenboden. Als Anfang der 60er der Soldatenfriedhof an der Piuskapelle neu gestaltet wurde, erinnerte man sich der Tafel und hängte sie in der Kapelle auf.

1921 beim 50 jährigen Jubiläum des Vereins heißt es im Protokoll:
„Ferner wurde beschlossen für das Vereinslokal eine Gedenktafel der gefallenen Kameraden zu beschaffen.“
Auf der 1,50 x 2 Meter großen Tafel stehen die Namen von 43 gefallenen Soldaten des 1. Weltkriegs. Bis auf drei sind die Toten nur aus der Stadt Balve. Die Tafel wurde nicht oder nur kurz im Vereinslokal Krüdewagen, sondern im Hotel Kohne, Haus Hauptstraße 38, im großen Saal aufgehängt.
Rund 50 Jahre lang wurde im Saal unter der Tafel gefeiert, Versammlungen und Tanzkurse abgehalten, gekegelt und Filme geschaut. Kohne blieb bis Anfang der 70er Jahre gesellschaftlicher Mittelpunkt der Stadt, bis mit dem kath. Jugendheim und der Realschul-Aula attraktive Alternativen entstanden.
Nach dem Kauf des Hotels durch Franz Harnischmacher 1975 wurde der große Saal zugunsten eines Radio- und Fernsehgeschäftes aufgegeben, und die harmonische Außenfront zur Hauptstraße zerstört. Die Gedenktafel wanderte auf den kleinen Saal worin die Sänger des Männerchors 1874 noch bis zum April 1986 probten.
Bei weiteren Umbauten der mehrmals wechselnden Pächter und Besitzer landete die Tafel auf dem Schutt. Ein Balver Handwerker und Antiquitätenhändler entdeckte sie in letzter Minute und rettete sie vor der Müllkippe.
Die Sparkasse Balve, noch unter Direktor Hubert Hahn, kaufte ihm die Tafel ab und ließ sie bei Reinhard Grendel in Beckum in Zusammenarbeit mit der Balver Heimwacht restaurieren.
Im September 1996 wurde die Tafel im Rathausflur in der ersten Etage aufgehängt. Zum Pressetermin hatten sich Bürgermeister Franz Kolossa, Stadtdirektor Manfred Rotermund, Heimwachtvorsitzender Werner Ahrens, Sparkassendirektor Hubert Hahn und Restaurator Reinhard Grendel unter der Tafel versammelt. Wie richtig der Titel dieser Chronik “ -Ein vergessener Verein – “ ist, zeigen die Presseberichte. In keinem wird der Eigentümer, der Kriegerverein, erwähnt. Doch soll man die Herren nicht allzu sehr tadeln. Wichtiger ist, dass sie ein Stück Balver Geschichte gerettet und der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht haben.

Bekannte Mitglieder des Vereins in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts waren:

Amecke Franz Dechant

Baader Hubert Kassengehilfe
Bathe Fritz Anstreicher
Bathe Theodor Sattler
Betten August (Elektro) Monteur
Betten Anton Schreiner
Bondy David Kaufmann
Bonsmann Vikar
Börger Theodor Amtsgerichtsrat
Berken Adolf Kaufmann
Berken Theodor Schmied
Berken Wilhelm Kaufmann
Budde Heinrich Schäfer
Brüggemann Dr. Ernst Apotheker

Camminady Fritz Metzger
Camminady Heinrich Stellmacher
Conredel Franz Kaufmann
Cordes Franz Kaufmann
Cordes Heinrich Müller
Cordes Hermann Bäcker
Cordes Hermann Konditor

Dransfeld Clemens Metzger
Dransfeld Wilhelm Metzger
Drees Josef Anstreicher

Egels Bernhard Schneider
Eickhoff Dr. Carl Amtmann

Falke Hermann Schuhmacher
Förster Heinrich Polizist

Gasper Carl Kaufmann
Gerdes Josef Stellmacher
Gorich Max Autoschlosser
Grüning Paul Justizinspektor

Hagedorn Franz Architekt
Henne Josef Rechtsanwalt
Herdes Hermann Justizsekretär
Hering Josef Schlosser
Hertin Wilhelm Fabrikdirektor
Hörster Theodor Kaufmann

Johann Peter Fabrikant

Köck Bruno Amtsgehilfe
Köck Bruno Oberpostsekretär
Kohne Heinrich Hotelier
Köhring Karl Molkereiverwalt.
Kirchhoff Dr. August Arzt
Klein Friedrich Stationsmeister
Krekeler Josef Feilenhauer

Löblein Wilhelm Müller
Lohmann Carl Händler
Lindemann Justizwachtmeister
Lübke Franz Postschaffner

Marx Capar Friseur
Menne Dr. Hans Zahnarzt
Mesters Johann Sparkassenrendant
Midderhoff Franz Prokurist
Mittrop Fritz Schuldirektor

Nolte Josef Unternehmer

Pütter Heinrich Polizist
Pütter Johannes Kassensekretär

Rickert Josef Verwalter
Romberg Anton Amtsbürgermeister
Röhren Josef Lehrer
Röse Theodor Polizist
Rosenbach August Feilenhauer

Tampier Johann Vikar
Thorwesten Bernhard Schneider

Sauer Franz Gastwirt
Simon Heinrich Architekt
Streiter Carl Kaufmann
Strohdeicher Fritz Ziegler
Schäfer Johann Maurer
Scheele Wilhelm Gastwirt
Schmoll Josef Landwirt
Schneider Hermann Kaufmann
Schulte Heinrich Kaufmann
Schulte Theodor Justizinspektor
Schlüter Anton Schuhmacher
Schweitzer Heinrich Landwirt

Waldeyer Walter Wirt/Bäcker
Westhelle Wilhelm Sägewerksbes.
Wienand Paul Bahnhofswirt
Wenniges Wilhelm Maurer
Werth Anton Arbeiter
Werth Josef Anstreicher

Und Hubert Conredel, Kaufmann, der im Jahre 2002 mit 88 Jahren vermutlich einzige noch lebende Kriegerkamerad in Balve.

Nachwort
Diese Chronik wäre nicht möglich gewesen, wenn alle 1945 so vorgegangen wären wie die Frauen bei mir zu Hause. Die beiden Hermann Herdes, der Vater wurde 1903 zum Schriftführer gewählt und später folgte ihm sein Sohn im Amt, haben die Akten des Vereins, man kann schon sagen, liebevoll geführt. Justizsekretär Hermann Herdes jun. rettete die Bücher über den Zusammenbruch 1945 hinweg. Nach seinem Tode bewahrte sie sein Sohn Engelbert auf, der sie vor einigen Jahren dem Kreisarchiv in Altena übereignete.

Balve, Am Baumberg 13
, den 23. Februar 2002