Natur- Kultur- und Kulthöhlen. Und eine Burg

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Die Entstehung der Höhlen im Massenkalk 

Im 19. Jahrhundert zählten Heimatkundler 37 Höhlen bzw. höhlenartige Tiefen im Massenkalk des Hönnetals. Sie wurden kartographisch fixiert. 33 Höhlen sind der Nachwelt erhalten geblieben, vier wurden Opfer menschlicher Eingriffe in die Natur (Bahnbau, Kalksteinbrüche).

Zu besichtigen sind die Reckenhöhle und die Balver Höhle (nach Vereinbarung). Ebenso das Felsenmeer bei Hemer, ein lohnendes Tagesziel. Alle anderen Höhlen und Stollen, wie fast das gesamte mittlere Hönnetal, stehen heute unter Naturschutz.

Die Fachwelt unterscheidet Natur-, Kultur-und Kulthöhlen. Unter Naturhöhlen versteht man – unabhängig von ihrer Größe und Gestalt naturgeprägte und naturbelassene Höhlungen im Fels. Wurden in ihnen Artefakte gefunden, die am Ort auf menschliche Nutzung schließen lassen, spricht die Fachwelt von Kulturhöhlen. Kulthöhlen dagegen sind Orte, in denen über einen größeren Zeitraum religiöse Handlungen (rituelle Bestattungen, Götterverehrungen) gepflegt wurden.

Sämtliche Höhlen bzw. höhlenartige Gebilde in Felsen sind auf Risse, Spalten oder Abgründe zurückzuführen. Sie entstanden durch tektonische Einwirkungen auf Massenkalkgebilde (Haltungen, Verwerfungen, Senkungen).

Der Zahn der Zeit nagte Jahrmillionen an den Wänden der Höhlungen. Erosion (chemische Prozesse) und Korrosion (mechanische Vorgänge: Wasser, Reibungen, Brüche, Ausschwemmungen) weiteten je nach Art, Dauer und Stärke der Aggressionen die Risse und Klüfte zu weitläufigen Spalten, zu Gängen oder gar hallenartigen Hohlräumen aus. 

Balver Höhle

Die größte und bedeutendste Höhle liegt am nördlichen Rand des Stadtzentrums.

Vor etwa 60 Millionen Jahren war die Höhle nichts anderes als ein großer Spalt in einem Massenkalkfelsen. Aber der Zahn der Zeit nagte unentwegt. Jahrtausendelang strömten – besonders in regenreichen Perioden – durch den sogenannten Einstrudelungskanal*) aus der hinteren rechten Ecke der Höhle gewaltige Wassermassen durch den Gesteinsspalt. Wasserstrudel und eingeschlossene Feststoffe scheuerten an den Wänden, sie rissen Felsbrocken aus dem Boden, spülten Steine, Kiesel und Schlämme hinab ins Hönnetal. Erosionen und Korrosion schufen in Millionen Jahren aus einem Spalt eine tiefe Kluft, schließlich einen hohen gewölbten Raum, den nicht nur romantische Seelen heute als Naturwunder oder als Felsendom preisen.

Natürlich nutzten große und kleine Tiere die Höhlungen seit unendlichen Zeiten als Wohnung, Unterschlupf oder Sterbelager. In Verwitterungsschichten und Anschwemmungen fanden Hobbygraber und Forscher im 19. und 20. Jahrhundert Tausende Fossilien. Der vordere Teil der Höhle hatte sich nämlich seit der Eem-Warmzeit vor etwa 100.000 Jahren fast bis zur Decke mit Lehm, Gestein, Sinter und Tierrelikten unterschiedlicher Herkunft gefüllt.

Höhlenbär, -löwe und -hyäne, Rentier, Schneehase, Wildschwein und viele andere große und kleine Tiere verendeten irgendwann in der Höhle. Ihre Fossilien, aber auch Pflanzenrelikte bezeugen die Vielfalt kälte- und wärmetüchtiger Klein- und Großtierarten im Sauerland. Diese Reste ehemaliger Floren und Faunen verraten auch den Umfang der jeweiligen klimatischen Veränderungen im Sauerland seit Urzeiten. Vor zwei Millionen Jahren z.B. gediehen in Norddeutschland subtropische Pflanzen, wie Funde beweisen. Vor etwa 40.000 Jahren dagegen bedeckten das Sauerland polare bzw. tundragleiche Eis- bzw. Geröllwüsten.

Auch der Mensch hinterließ in der Balver Höhle, die er während steinzeitlicher Perioden auf seinen Wanderungen durch Nordeuropa aufsuchte, bedeutende Spuren (Faustkeile, Schaber, Spitzen, Klingen etc.). Bereits vor vielleicht 100.000 Jahren zur Eem-Warmzeit wanderten Neandertaler durch das Hönnetal. Sie lebten in Laubhütten, später in Fellzelten, sie jagten Mammut, Nashorn und Hirsch, sammelten Früchte des Waldes und des Feldes. Geeignete Höhlen boten ihnen auf Wanderungen und Jagdzügen Schutz vor manchen Unbilden der Witterung.

Anmerkung:
Die verbreiteten Annahmen zur Entstehung der Balver Höhle sind nicht gesichert. Der Begriff „Einstrudelungskanal“ ist eine eingängige Wortschöpfung, die sich aber nur im Zusammenhang mit der Balver Höhle findet.

Die Klause bei der Balver Höhle – Handel und Wandel

Der „Urzustand“ der Balver Höhle ist am ehesten der beigefügten Lithographie „Clause bei der Balver Höhle“ zu entnehmen, welche die Höhle im Jahr 1821 als kleinen Punkt darstellt. Also noch vor der Ausräumung durch die Stadt, die zum Zweck der Nutzung des guten Naturdüngers eigens eine „Höhlenkasse“ einrichtete. Nach dieser frühesten Abbildung der Balver Höhle war sie damals kaum begehbar; vor der Höhle befand sich eine große Anschüttung. Die heutige ,,moderne“ Form der Balver Höhle entstand erst durch die Ausräumung ab 1820.

Die uralte Klause zu Ehren der Gottesmutter und der hl. vierzehn Nothelfer (heute Farben Nitsche), ein Eremitengebäude mit Kapelle im Ostteil, wurde erstmals 1512 in einer Schenkungsurkunde erwähnt. Nach Pütter fanden in der Klausnerkapelle jährlich Stiftsgottesdienste statt. Sie wurde jahrhundertelang von Eremiten („Klausner“) bewohnt, die teils noch namentlich bekannt sind. Von einer „Eremitenfrau“ heißt es, sie habe in der Hexenzeit um 1600 verfolgte Leute in den Höhlen des nahen Kepplerberges versteckt und sie bei Nacht und Nebel durch das Glärbachtal in das Iserlohner Gebiet in Sicherheit gebracht.

Die Straße nach Arnsberg, damals wohl eher ein Karrenweg, führte nach dieser Darstellung – anders als heute – vor der städtischen Klause durch, aus Sicht des Betrachters. Damalige Straßen folgten möglichst flachen und geraden Linien, unter Vermeidung von Umwegen.

Die „Balver Klausner“ hatten Aufgaben in der Krankenpflege und Heilung. Sie

sorgten selbst für ihren Lebensunterhalt. Nach Pütter beherbergten sie auch arme Reisende und Obdachlose. Nötigenfalls wurden Reisende auf ihrem Esel durch das Hönnebett und den Borkefluß befördert.

Zur Versorgung der Reisenden auf dem Heerweg wurde in Balve ein spezielles Bier gebraut, das „Balver Lüll“. Dieses hatte einen guten Ruf im Land und war nicht nur in Adelskreisen ein Exportschlager. In der Zeit um 1600 soll die jährliche Ausfuhr (nach Pütter) 1100 bis 1300 „Tonnen“ betragen haben (1 Tonne = 125 Liter). Als Brauwasser wurde das Wasser des Kirchensprings und der Kormke-Quelle verwendet, das als weich und heilkräftig galt.

Um 1615 dürfte der Bierexport seinen Höhepunkt erreicht haben. Nach dem 30-jährigen Krieg kam bei den Begüterten der Weinkonsum auf, und bei den Kleinbürgern und Bauern der Branntweingenuß. Um 1801 gab es vier kleine Bierbrauereien in Balve, sowie acht Branntweinbrennereien. „Rückschauend lässt sich sagen, dass das Balver Lüll zu den bekanntesten Exportbieren des Sauerlandes gezählt hat“ (Pütter, p. 78).

Die Reckenhöhle

Der Eingang zur Reckenhöhle liegt unmittelbar an der B515 – schräg gegenüber dem Hotel-Café-Restaurant Haus Recke. Der Gastwirt Franz Recke entdeckte im vergangenen Jahrhundert die Höhle, als er einen Hasen verfolgte, der plötzlich im Fels verschwand. Er öffnete das Loch und sah eine Höhlung. Er konnte – ihm gehörten Grund und Boden – seine Entdeckung ohne Behinderung durch Dritte erkunden, erforschen. Die Gänge, Spalten, Schluchten, die er fand, durchziehen kilometerweit das Kalksteinmassiv. Schwiegersohn und Enkel erschlossen immer neue Höhlenbereiche. Über 500 m der Höhle sind heute Besuchern zugänglich.

Bis zur Entdeckung war die Höhle noch nie von Menschen betreten worden. Es gab nur enge Einschlupfmöglichkeiten, die nur von kleineren Tieren – wie Fossilien belegen – seit Jahrtausenden zu Aufenthalten genutzt werden konnten.

Die Bedeutung der Reckenhöhle liegt in der Vielgestaltigkeit des weitläufigen Höhlensystems und in der Farben- und Formen-Schönheit mancher Tropfstein-, Sinter- und Felsengebilde, die dem Besucher bei einem Rundgang begleiten. Einzel- und Gruppenführungen regelt das Hotel. 

Schlafhöhle

Sie ist eine von vier Höhlen in den Klippen der sieben Jungfrauen an der B515, von der Straße aus gut sichtbar. In der Schlafhöhle lebte viele Jahre Onkel Rudi.

Dem Sonderling genügte der bescheidene Hohlraum im Fels als Wohnung und Werkstatt. Höhle und Umfeld waren seine Heimat. Hier schlief, kochte und werkte Onkel Rudi, wie man ihn nannte, auch wintertags. Er war mittleren Alter und lebte von Verkauf einfacher Küchengeräte, die er aus Holz oder Blech herstellte und an Haustüren zu verkaufen suchte.

Eines Tages, 1934, im Jahr nach Hitlers Machtergreifung, verschwand Rudi. Über seinen Verbleib ist nichts bekannt geworden.

Tunnelhöhle

Ihr Eingang wurde erst beim Bau der Hönnetalbahn durch Zufall am Rande der Bahntrasse freigelegt und damit entdeckt. Der Wanderer erreicht diese Höhle (eigentlich nur ein gangartiger Spalt) auf dem Weg vom Bahnhof Klusenstein entlang der Hönne nach Haustatt/Binolen (oder umgekehrt).

Die Höhlung am Rande einer (ehemaligen) Felswand ist an sich wenig attraktiv. Sie barg weder Fossilien noch Artefakte. Trotzdem lohnt sich für Höhlenfans eine Krabbelpartie ins Innere.

Art, Gestalt und Größe der Höhlung zeigen, welche Lücken im Massenkalkgebirge vor 64 Millionen Jahren bei der Bildung von Gebirgen entstehen konnten. Die Spalthöhle lässt ahnen, dass der berühmte Zahn der Zeit (Erosionen, Korrosionen) allein nicht reicht, einen Hohlraum im Fels wesentlich zu erweitern.

Es bedarf nämlich darüber hinaus der Arbeit von säurehaltigem Sickerwasser (Humusbildung) und der Gewalt langzeitig einströmender Wassermassen, einen Spalt im Fels zu einer Gang- oder Hallenhöhle größeren Umfanges auszubilden. Diese mechanischen und chemischen Voraussetzungen fehlten hier. Die Tunnelhöhle hatte weder humusreiches Oberland noch wasserführendes Hinterland. Sie veränderte sich demnach in Jahrmillionen kaum. Sie blieb, was sie immer war.

Feldhofhöhle

Sie liegt an der historischen Poststraße (einem uralten Karrenweg) von Arnsberg nach Iserlohn. Der heutige Wanderpfad beginnt auf Balver Gebiet an der urtümlichen steinernen Brücke bei Haustatt (B515) und führt über Bäingsen und Hemer nach Iserlohn.

Die Feldhofhöhle ist wie die Balver Höhle hallenartig angelegt, aber wesentlich kleiner. Wahrscheinlich wurde auch sie in regenreichen Zeiten von einem Höhlenfluss, der vom Hinterland gespeist wurde, ausgewaschen. Graber und Forscher fanden in Ablagerungsschichten vor allem Artefakte aus Feuerstein und Kieselschiefer der Sirgensteiner Stufe. Die Höhlung bot vermutlich steinzeitlichen Wandernden und Jägern vorübergehend Schutz und Wohnung. 

Große Burghöhle

Sie ist nur auf Umwegen zu erreichen (Hönnesteig – Brücke bei Haustatt – Bahntunnel – Trampelpfad entlang der Bahn Richtung Klusenstein). Der Eingang liegt etwa 6 m über der Bahntrasse. Er ist leicht zu ersteigen. Der Raum wird von zwei Fenstern, Feldöffnungen zur Talseite, erhellt. Nach einigen Schritten öffnen sich links und rechts kurze Nebenarme. Danach verjüngt sich die Höhle bergwärts bis zu einem Kriechgang. Von hier führte früher angeblich ein geheimer Gang zur Burg Klusenstein.

Die Fundhorizonte weisen auf eine rege Nutzung unter anderem während der Hallstein- und Laténezeit hin. Art und Zweck der eisenzeitlichen Nutzungen lassen sich nicht mehr beweisbar klären, sie sind deshalb spekulativ zu deuten. Eine Verwendung der Höhle zur Hallstein- oder Laténezeit (700-100 vor Christus) als Wohnstätte kann jedoch ausgeschlossen werden. Die Menschen im Tal waren damals bereits sesshaft, sie lebten mit ihrem Vieh in Gruben-, Lehm-, Holzhäusern, erst später in Fachgebäuden.

Nicht ausgeschlossen werden kann eine zeitweise Nutzung als Werkstatt für Töpfer- bzw. Metallwaren. Immerhin wurden in der Höhle eisenzeitliche Irden- (5000), Eisen- (700), Bronzewaren (70), aber auch Spinwirtel (40) geborgen, deren Art und Menge periodisch eine intensive Nutzung des Raumes als Arbeitsstelle vermuten lässt

In diesem Zusammenhang ist auch die Sage von Wieland dem Schmied zu sehen, der im Berg Ballowa bei zwei Zwergen das Eisen-und Goldschmiedehandwerk erlernt haben soll. Die in den nordischen Dietrichsagen aufgeführten Beschreibungen der Werkstatt der schmiedenden Zwerge treffen – oft fälschlich behauptet – nicht für die Balver Höhle zu, wohl aber ggf. für die Burghöhle im Klusenstein.

Der Eingang der Höhle ist verschließbar, Halle und Nebenarme sind geräumig. Eine fensterartige Öffnung neben dem Eingang bietet Rauchgasen Abzugsmöglichkeiten. Der Tod Vater Wades (Bergsturz) könnte sich nur an Steilhängen des Burgberges vollzogen haben. Relikte von Feuerstellen (Aschen, ­Getreide, Kräuter) lassen auf einen langen Gebrauch schließen.

Auch eine Verwendung als Kulthöhle kann nicht ausgeschlossen werden. Darauf verweist unter anderem ein bronzenes Entenvögelchen (2,2 cm), eine europaweit übliche Totengabe zu dieser Zeit. Die gefundenen Spinnwirtel, Fibeln, Bronzekettchen, Töpfe, Trachtenteile und Mahlsteine, eindeutig feminine Attribute, erinnern jedoch weniger an Bestattungsriten denn an Fruchtbarkeitskulte.

Wahrscheinlich wurde die Höhle von Menschen des sog. Hönnetalkessels zu verschiedenen Zeiten aus unterschiedlichen Gründen in Anspruch genommen. Mal war sie kultischer Ort, dann Keramikwerkstatt, auch wohl Schmiede, hin und wieder sogar „Fluchtburg“ bei Gefahr.

Von diesen Überlegungen her ist Wielands Wirken in Ballowa sagengeschichtlich erklärbar. Sagen brauchen für ihre Helden und Antihelden Orte, die im Bewusstsein der Hörenden und Lesenden bedeutungsvoll, geheimnisumwittert sind. Magie, Mystik und mehr müssen sich vorstellbar, glaubhaft ergänzen können und die Lebenswirklichkeit erhöhen, überhöhen. Dafür ist die Lebensgeschichte Wielands in der nordischen Dietrichsage ein beredtes Beispiel.

Wieland der Schmied – in Balve?

Zur Dietrich- und Wielandsage und ihrer angeblichen Verbindung zum Hönnetal finden sich Ausführungen in der Monographie von Hans-Herrmann Hochkeppel „Balve – Ballowa. Dietrichssage und Wielandsage – Waldschmiede, Ureinwohner, Zwergenleben. Mut haben“. Der Titel: „Wieland der Schmied in Ballowa – eine kritische Betrachtung“. Hier nimmt Hochkeppel zu den Thesen Heinz Ritters Stellung („Die Nibelungen zogen nordwärts“, p. 41 ff), der immer wieder in diesem Kontext zitiert wird. Ritter hatte sich im Sommer 1959 vor Ort in Balve umgesehen. Nach einem Austausch mit dem Balver „Heimatforscher“ Josef Pütter kam Ritter zu vermeintlich zwingenden Schlussfolgerungen: Die Erzählung von Wieland dem Schmied könne nur in Balve gespielt haben (= Ballofa), genau genommen in der Balver Höhle.

Hochkeppel schreibt dazu: „Der unterhaltende, bildende, erzieherische Wert von Sagen aller Art liegt nicht in der exakten Beschreibung historischer oder historisierter Gegebenheiten, sondern in der glaubwürdigen Vermittlung von persönlichen und gesellschaftlichen Schicksalen vor dem Hintergrund sozialer, wirtschaftlicher, moralischer Umstände der Zeit. Moral? Welcher Moral ist die Geschichte von Wieland dem Schmied in Ballowa verpflichtet? Ich stelle mir einen jungen Erdenbürger vor 1400 Jahren vor und frage mich, was er empfunden haben mag, als ihm Wielands Erlebnisse in ,ballowa‘ vorgetragen wurden. Er sagte: ,Toller Kerl, richtig, der hat es den Bösewichtern aber gegeben‘. Das Gute, selbst das angeblich Gute, hat in der ,Moral von der Geschichte‘ immer zu siegen.

Es wäre gut zu wissen, ob Wieland wirklich bei zwei Zwergen in einer Höhle von ,ballowa‘ seine Kenntnisse in der Schmiedekunst genialisch perfektionieren konnte.

Die Suche nach Erkenntnis und Klärung ist sicher ein amüsantes, spannendes, intelligentes, interessantes Spiel. Es macht Freude, Namen, Jahreszahlen, Fakten, Ortsbezüglichkeiten, Spekulationen und Umstände miteinander zu vergleichen. Sinnvoll erscheint mir aber nicht, um jeden Preis Heimatbezüge herstellen zu wollen, also Belegketten anzulegen, nach denen Wieland ,unwiderlegbar‘ in der Balver Höhle tätig war.

Die Frage, ob sich die Geschichte von Wieland dem Schmied bei zwei Zwergen in ,ballowa‘ … abgespielt hat, muss verneint werden. Dies schließt nicht aus, dass irgendwann in frühgermanischen Zeiten ein junger Bursche das Schmiedehandwerk in ,ballowa‘ erlernte, dass Kleinwüchsige im Balver Wald Brünnen und Schwerter schmiedeten, dass irgendwann ,Zwerge‘ heimtückisch ermordet wurden, dass irgendwo diese oder ähnliche zeitlich, auch räumlich getrennten Vorgänge zu einer spannenden Geschichte, zur gesuchten Ursage, vereinigt wurden. Menschlicher Vorstellungskraft und Tatkraft sind keine Grenzen gesetzt“. 

Veröffentlicht in ,,Der Berner“, Bonn in der Sparte ,,Mitteilungen des Thidrek-Saga-Forums“.

Klusensteiner Mühle und Burg Klusenstein

Die Klusensteiner Mühle gilt als das älteste erhaltene profane Gebäude in Balve (nach der St. Blasius-Pfarrkirche). Sie wurde vermutlich um 1120 von den Herren von Binolen errichtet.

„Die Mühle Klusenstein sowie das Landarbeiterhaus, das Wehr und die Wasserführung stehen seit dem Jahre 1984 unter Denkmalschutz und sind in der Denkmalschutzliste der Stadt Balve eingetragen. Die Anlage nimmt einen hohen Stellenwert in der Geschichte der Stadt Balve ein. Sie dokumentiert Arbeits- und Produktionsverhältnisse in einem Wohnwirtschaftsgebäude. Die älteste Bausubstanz der Mühle hebt sich deutlich sichtbar von den Umbaumaßnahmen zu Beginn des 19. Jahrhunderts ab. Der Getriebekeller, der Mahlboden, die Wohnung des Müllers und die Lagerungsmöglichkeit im Dachboden sind deutlich unter dem Krüppelwalmdach erkennbar. Mit dem Objekt am Ufer der Hönne wird die wechselvolle Geschichte im Grenzbereich der Grafschaft Mark und des kurkölnischen Sauerlandes identifizierbar gemacht“ (aus: „Das romantische Hönnetal bei Klusenstein“ von Dr. Dr. Theo Bönemann).  

Verbleib der Funde aus der Balver Höhle und den Höhlen des Hönnetals

Die überaus reichen prähistorischen Funde aus der Balver Höhle und dem Hönnetal (80.000 Artefakte allein aus den Grabungen von J. Andree) sind heute auf viele Museen in Deutschland verstreut: Museen in Altena, Arnsberg, Bonn, Dortmund, Iserlohn und Menden, sowie viele Privatsammlungen.

Da es bezüglich der Aufteilung der Funde der zweijährigen Grabungen unter ­Leitung von Prof. Julius Andree trotz sorgfältiger Vorabsprachen (vgl. balverland.de: Korrespondenz Herrmann Hering/ Theodor Pröpper von 1922) wohl zu keiner Einigung zwischen der Stadt Balve und dem für die Ausgrabungen zuständigen Geologischen Institut der Universität Münster kam, verblieb nur ein kleinerer Teil der Funde in Balve. Der größte Teil der Sammlung wurde in Münster aufbewahrt. 

Unbeachtet dieser Unstimmigkeiten wurde im Jahr 1927 – dem ausführlichen ­Bericht von Julius Andree im „Balver Buch“ von 1930 zufolge – das Balver Heimatmuseum gegründet. Es fand in dem durch den Neubau der Schule freigewordenen alten Rathaus in der Stadtmitte eine höchst repräsentative Unterbringung. Die kleine Stadt Balve erhielt damit eine herausragende Sammlung, die auf einem für die damalige Zeit hohen Niveau präsentiert wurde. 

1938 wurden von Bernhard Bahnschulte gut dokumentierte umfangreiche Grabungen durchgeführt, deren Ergebnisse erstmals als wissenschaftlich nachvollziehbar gelten (vgl. den zeitgenössischen Pressebericht „Herdstelle des Neander­talers gefunden“). Die Grabungsschnitte im Eingangsbereich der Höhle erbrachten die Schichten von sieben Wohnphasen der mittleren Altsteinzeit.

Diese Befunde wurden vom Archäologen Dr. Klaus Günther in den 1950er-Jahren in der ersten systematischen wissenschaftlichen Grabung überprüft.

Mit dem Abriss des Rathauses im Jahr 1953 verlor auch das Balver Heimatmuseum seine Bleibe. Die Artefakte wurden auf dem Dachboden der katholischen Schule untergebracht. Ab 1968 wurde das Heimatmuseum in der „Alten Mädchenschule“ auf dem Balver Kirchplatz neu eingerichtet. Mit dem Verkauf der Alten Mädchenschule durch die katholische Kirche im Jahr 1995 mussten die Exponate in den Fluren des Balver Rathauses zwischengelagert werden, bis schließlich im Jahr 2006 das „Museum für Vor- und Frühgeschichte“ an der Luisenhütte eröffnet wurde.

Die viel bedeutendere Balver Sammlung am Standort Münster wurde im Jahr 2007 an das neu gegründete Archäologische Museum des Landesverbands Westfalen-Lippe in Herne übergeben. Dort widmet sich heute eine große Dauerausstellung den Exponaten der Balver Höhle (siehe: Rundgang LWL-Museum, sowie die LWL-Pressemitteilung vom 08.08.2005: „Alter Westfale in alter Kiste“).