Innenstadt 5: Der Garbecker Kirchweg und die Hexenstele

Oben am Galgenberg hinter dem Wachtloh befindet sich der Richtplatz, auf dem zwischen 1592 und 1666 viele sog. Hexen (Frauen und Männer) aus dem Amt Balve verbrannt wurden. An dieser Stelle befindet sich seit dem Jahr 2006 eine „Hexenstele“ aus Beton, zur Erinnerung an diese grauenhafte Zeit geistiger Verwirrung in der Bevölkerung. Man suchte nach Sündenböcken für Unheil, z.B. Missernten und Seuchen, und nahm Zauberei und Hexerei als Ursache an. Es war ein Klima ständiger Denunziation. Nur wenige Stimmen erhoben sich gegen den Hexenwahn.

Der Weg zum Richtplatz am Galgenberg führte damals von der Kirche aus über den Alten Garbecker Kirchweg zum Wachtloh, vorbei am Haus Allhoff und über die „Kreuzschlade“. Früher war dies einer von vier Hohlwegen, die in den Ort führten (vgl. Stadtplan von 1805). Der Weg wurde um 1930 gepflastert. Er ist seit 1905 ein Privatweg und durch ein schmiedeeisernes Gitter verschlossen.

Heute ist die Stele am Galgenberg in knapp 1 Stunde gemütlich zu Fuß zu erreichen, über die St. Johannes-Straße und den Garbecker Kirchweg zum Wachtloh. Der Fußweg und die Aussicht von der Südseite des Wachtloh lohnen den Weg allemal (siehe auch den Beitrag von Lisa Kaufmann: Balve sehen und sterben).

Die Geschichte von 1592 bis 1666

Der kleine Ort Balve war ein Zentrum der Hexenverfolgung im Herzogtum Westfalen. Hier wurden nachweislich zwischen 1592 und 1666 mehrere Hundert Menschen als Zauberer und Hexen verurteilt und ermordet. Allein zwischen 1628 und 1630 wurden fast 300 Menschen hingerichtet. Diese Massenvernichtung war vor allem das Werk eines fanatischen Hexenjägers, der im Westen und Südwesten des Herzogtums wirkte und dem mehr als 500 Menschen zum Opfer fielen.


Es war der Lizentiat Kaspar Reinhard (1596–1669), der so viel Angst und Schrecken verbreitete. Es wird berichtet, dass auf ihn im Jahr 1630 in Balve ein Attentat verübt wurde, als er mit Honoratioren der Stadt zu Abendessen saß. Er selbst wurde nur verletzt; der Gerichtsschreiber und ein Diener starben. Drei der Attentäter wurden gefasst und hingerichtet.

Auf dem Galgenberg brannten die Scheiterhaufen. 

Man schätzt, dass etwa jeder 20. Einwohner aus dem Amt Balve wegen „Hexerei“ hingerichtet wurde. Von vielen kennt man die Namen. Darunter sind ein Heinrich Balke zu Beckum, Rentmeister auf Schloss Melschede, Jörg Schulte aus Mellen, Kutscher und Baumeister des Drosten, der drei Wochen nach seiner Hochzeit umgebracht wurde, sowie die Frau eines Bürgermeisters. Ihr wurde vom Heimatforscher Josef Pütter in seinem plattdeutschen Gedicht ein anrührendes literarisches Denkmal gesetzt (Wachtläuh-Räusen: Op diäm Galgenbiärge löchtern blaurigräut de Häxenbriänne, un iähr Schwählen welt’re duister sik dür’t Land – bit an de Liänne).

Im Gedenken an die Hexenverfolgung ließ die Balver Heimwacht im Jahr 2006 die Hexenstele errichten, nicht weit von der Stelle, an der die Opfer zu Tode gebracht wurden. Der Text lautet: „Hier starben durch Schwert, Feuer und Galgen zirka 300 Frauen und Männer aus dem Balver Land im Hexenwahn im 16. bis 17. Jahrhundert.“ Die Betonstele hat eine Höhe von 2,50 Meter und befindet sich am Galgenberg.

Der Rat der Stadt Balve hat am 24. Juni 2015 die Opfer der Hexenprozesse in einem symbolischen Akt rehabilitiert.

Den Hexenwahn hat der Arnsberger Maler Heinrich Strotmann, ein Zeitzeuge, als Miniatur in einem Kreuzwegbild dargestellt, welches sich in der Balver Kirche befindet. Näheres zu dieser speziellen Bildinterpretation ist dem Buch „Ein verhextes Bild und ein feuriger Altar. Eine teuflisch grausame Zeit, das 16. und 17. Jahrhundert im Amt Balve“ von Werner Ahrens zu entnehmen; er war 25 Jahre lang bis zum Jahr 2017 Vorsitzender des Balver Heimatvereins „Die Heimwacht“. Das Buch enthält ausführliche Begründungen und Beschreibungen und großartige Fotos von Manfred Opitz, Neuenrade.